Fachforum

Entspannung, "Loslassen" und Musik in der Naturheilpraxis

Integrierende Bestandteile im menschenkundlichen Behandlungsgefüge

von Siegfried Haußmann

I. Einleitung

Seelisches Wohlempfinden und Harmonie zu den äußeren Umständen sind dem Menschen nicht in die Wiege gelegt. Einen kleinen Vorgeschmack auf die "Unbilden des Lebens" bekommt er - ohne Atembewegungen und Gedächtnis - bereits im Mutterleib. Gleich nach der Geburt, wenn sich die Bronchialäste und Lungenbläschen entfalten wollen und der Säugling "um die volle Atmung ringt"(14) (S. 11), weil die Oberflächenelastizität des Lungengewebes und der Chemismus, das biologische Leben schlechthin, das neugeborene Wesen dazu auffordern: zum Werden, sind gleichermaßen das Geborgenheitsdefizit und der tägliche Lustentzug für den Menschen da. Die Polaritäten der Innenwelt zur Außenwelt werden nun die weitere Lebenszeit prägen: im Zwist oder in der Übereinkunft mit sich und der Welt - ein permanenter Spannungszustand. Im geneigten Alter, wenn der melancholische Rückblick - wohin er ja durchaus gehört (Anm. 1) - auf einem angehobenen Niveau erfolgt, zeigt sich schließlich der Mühe Lohn: körperlich, seelisch und geistig in jenen zum Teil abgerungenen Anteilen während vertiefter Etappen, an denen geistige Mitbestimmung möglich war. Die Entwick(-e-)lungsidee (falls man ihr seit J.W.v. Goethe etwas abgewinnen kann) bleibt also ein Leben lang auf Schritt und Tritt eines Menschen Schatten; sie steht zunächst - nach außen wirkend - mit unterschiedlicher Intensität zur Verfügung, um dann - nach innen entschieden - in zunehmenden Freiheitsgraden in einer selbständigen Biographie aufzuleuchten. Wie anders wäre es zu erklären, daß der südafrikanische Staatspräsident Nelson Mandela, 27 lange Jahre vor seinem Amtsantritt im Inselkerker gedemütigt, die Idee von der Gleichheit aller Menschen in seinem Innersten unantastbar verankern konnte? Machthunger und politischer Ehrgeiz wären in dieser Zeit längst verbraucht. Die äußeren Umstände sind zuweilen gute Sparringpartner, um das mentale und psychische Potential auszubauen. Wachstum und Freiheit, gleichnishaft in Goethes Metamorphosenlehre abgehandelt, sind hierin proportional und mit Enge verzahnt, wie an der Entwicklung Frankls, Ferenczis und Ericksons abgelesen (1), weshalb auch Leiden und Heilen so dicht beisammen liegen. Das "Coaching" im Krankheitsfall, d. h. die geeignete Trainingsmethode für ungenutzte Talente ausfindig zu machen, übernimmt nunmehr der Behandler, während der Patient, der Leidgedrückte, der Verkrampfte und Verspannte mit der deformierten Atmung und Haltung, die stimulierende Arznei, z. B. somatisch in Form ausgeschütteter Enkephaline und Endorphine (2) (S. 725), zugleich innerlich, als eigene Wahrheit, in den sich allmählich öffnenden Händen hält und sie, als solche erst einmal klar erkannt, ohne Widerstreben auch wieder gehen läßt, um Raum zu schaffen: für was? - für seine nächste Entdeckung. Und so fort. Jede Ordination macht es sich zur Aufgabe (schon im Sinne einer berufsethischen Verpflichtung), wenngleich es einem noch so winzigen Weiterrücken entspräche, mehr von dieser Form der inneren Klärung zu bringen, sofern der Patient durch sein Erscheinen die (unausgesprochene) Intention abgibt, an die Wurzeln des Übels und des Heils zu lassen, an denen das wahre Ich sich der gnostischen Spitzfindigkeiten zu entledigen weiß.

Wachstum und Freiheit sind unter Ausschluß von Klarheit und Wahrheit undenkbar. Alle vier potentielle Möglichkeiten, modellhaft hineingetragene in die Gestalt des Menschen eingebettete Wesensgründe, (Intuitio-Ratio-Emotio-Intentio) berühren demgemäß entwicklungsmedizinische und psychotherapeutische Absichten. (Abb. 1) (3) (S. 154/155) Sie können, als unvernebelte Eckpunkte der natürlichen und menschlichen Harmonisierungsbestrebungen betrachtet werden und erreichen integrativ (d. h. auch über ein versagendes Meinen) die therapeutischen Ansprüche an ein humanes Behandlungsgefüge, von dessen dynamischen Verbindungselementen und Erfahrungsinhalten in kurzgefaßten Wendungen zu berichten ist.

II. Ansätze und Wege der Durchführung

a. Spannung - Entspannung

b. Loslassen - Auffangen

c. Musikerlebnis - dynamische Introspektion d. Aufrichtung - an Wort und Tat

III. Zusammenfassung

Anmerkungen
(Anm. 1) hier: sinngemäß humoralpathologisch, nicht in der bitteren Fassung Norberto Bobbios: "De senectute" Wagenbach Verlag
(Anm. 2) Im Sinne der von Viktor Frankl und v.a. existentialistisch vorgetragenen Gedanken bzw. einer "Humanistischen Psychologie", wie sie Erich Fromm u.a. angeregt und wohl auch durchgeführt haben, ohne daß der Mensch das Maß aller Dinge wird.
(Anm. 3) "Von der Wiederherstellung der ursprünglichen Anlage (des Gemüts) zum Guten in ihre Kraft" (1972)
(Anm. 4) ... die eigentlich Anhänger des Parsismus und damit zoroastrischer Lehren sind.

Literatur (themenbezogene Auflistung)

Grundlagen
(1) "Vom Leiden zum Heilen" - Über das kreative Potential im Heilerberuf Renate Franke VWB Berlin 1997

(2) "Physiologie des Menschen" R.F. Schmidt/G. Thews Springer Verlag Berlin 1980

(3) Abbildung aus: "Reflexzonen und Somatopathien" Jochen M. Gleditsch WBV 1983

(4) "Lehrbuch der psychosomatischen Medizin" Hrsg. Thure von Uexküll Verlag Urban & Schwarzenberg 1981

(5) "Medizinische Psychologie im Grundriß" Hrsg. Kurt Hauss Verlag f. Psychologie Dr. Hogrefe 1976

Entspannungstechniken/Gymnastik
(6) "Das Autogene Training" I.H. Schultz Georg Thieme Verlag Stuttgart 1973 14. Auflage

(7) "Entspannungstechniken" Rosemary A. Payne Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1998

(8) "Neue Lebensformen" Alfred Brauchle Reclam Verlag Stuttgart 1949

Musiktherapie
(9) "Musik und Entspannung" - Schriften z. Musiktherapie 2 Hrsg. Harm Willms Gustav Fischer Verlag 1977

(10) "Heidelberger Schriften zur Musiktherapie Band 3" Mechthild Langenberg Gustav Fischer Verlag 1988

Suggestion
(11) "Du spürst unter deinen Füßen das Gras" - Vorlesegeschichten; Else Müller Gustav Fischer Verlag 1993

(12) "Die Selbstbemeisterung durch bewußte Autosuggestion" Emil Coué Schwabe & Co. AG Basel 1993

(13) "Autosuggestive Krankheitsbekämpfung" Fritz Lambert Schwabe & Co. AG Verlag Basel 1980

Atemheilkunde
(14) "Atemheilkunst" J.L. Schmitt Humata Verlag Bern

(15) "Atemschulung als Element der Psychotherapie" Hrsg. Lucy Heyer-Grote Wiss. Buchges. Darmstadt 1970

(16) "Signatur des Atems" Günther Braunger Selbstverlag München o.J.

(17) "Atemlehre" O.Z. Hanisch Masdasnan Verlag Herrliberg 1919

(18) "Atmungs- und Haltungsübungen" K.E. Ranke/Christian Silberhorn Verlag Otto Gmelin München 1921

(19) "50 Jahre Heilpraktiker-Fachschule München" zitiert aus: Atmen - Odem des Lebens von Johanna Maly 1986

(20) "Sport + Yoga" Selvarajan Yesudian/Elisabeth Haich Drei Eichen Verlag München/Engelberg 1972

Anschrift des Verfassers:
Heilpraktiker Siegfried Haußmann
Hofstätte Eberheißing
84558 Tyrlaching

Diesen Beitrag in vollem Umfang finden Sie n Naturheilpraxis 4/99.

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