POLITIK

Die Europäische Union und der Beruf des Heilpraktiker

von Hubert Donhauser

Gerade nach dem Zweiten Weltkrieg entstand bei vielen Menschen die Vision eines vereinten Europas. Heute - über 50 Jahre nach Kriegsende - scheint dieser Wunsch endlich in Erfüllung zu gehen. Viele konkrete Beweise liegen dafür schon vor, man denke z. B. nur an die baldige Einführung des "Euro" als gemeinsames Zahlungsmittel. Andere Belange bedürfen allerdings noch einiger Zeit der Reifung und somit der Diskussion.

Die Frage nach einer Möglichkeit der "Europäisierung des Heilpraktikerberufes" scheint dabei innerhalb der EU im Rahmen der Harmonisierung der Freien Berufe ein besonders kompliziertes und heikles Kapitel zu sein.

In Deutschland genießt dieser Berufsstand dank Heilpraktikergesetz und dazugehöriger Durchführungsverordnung ein absolutes Daseinsrecht. Es gibt jedoch augenblicklich kein anderes Mitgliedsland, in welchem eine vergleichbare Verordnung oder Gesetz existiert, welches neben dem Arzt einen zusätzlichen, staatlich anerkannten Heilberuf ohne Approbation zuläßt.

Um etwas Licht in die oben genannte Frage zu bringen, muß man sich erst einmal Gedanken darüber machen, welche Möglichkeiten und Kompetenzen die EU bzw. die einzelnen Mitgliedsstaaten haben.

In Fragen des Gesundheitswesens entwickelt der Europarat bzw. die Europäische Union auf der Grundlage der allgemeinen Empfehlungen der WHO z. B. Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, spricht Empfehlungen an die Mitgliedstaaten aus oder gibt Stellungnahmen ab. Zielsetzung der Europäischen Union im Bereich des Gesundheitswesen ist es, vor allem durch Förderung der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten - und falls erforderlich durch Unterstützung ihrer Tätigkeit - einen Beitrag zur Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus zu gewährleisten (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 129). Dies richtet sich vor allem auf die Verhütung von Leiden, Krankheiten und Gebrechen, insbesondere der weitverbreiteten, schweren Krankheiten und Infektionen sowie der Drogenabhängigkeit. Es werden hierbei Erforschung der Ursachen und der Übertragung von z. B. Krankheiten und Infektionen, sowie Gesundheitsinformation und -Erziehung - z. B. bei Drogenabhänigkeit - gefördert.

Aus dieser Aufgabenstellung ergibt sich, daß die EU keine direkte Einflußkompetenz bei Angelegenheiten der nationalen Gesundheitsgesetzgebung hat, auch nicht was die Thematik ärztlicher oder arztgleicher Berufe mit Diagnose- und Therapieschwerpunkten anbelangt.

Dagegen bilden die Römischen Verträge die Grundlage für die Möglichkeit nationale Berufe unter Umständen EU-weit regeln bzw. vereinheitlichen zu können.

Jene besagen z. B., daß ausschließlich eine Harmonisierung vergleichbarer Berufsbilder stattfinden kann. Das setzt jedoch weiterhin voraus, daß eine rechtliche Anerkennung - und dementsprechend vergleichbare staatliche Zulassungen bzw. Diplome - für eben diese Berufsbilder in den vereinzelten EU-Mitgliedsstaaten vorhanden sind.

Beispiele für Kriterien einer möglichen Anerkennung von Berufen in anderen Mitgliedsstaaten wären z. B. staatlich festgeschriebene Qualitätsbestimmungen, eine geregelte und zeitlich fixierte Berufsausbildung, Schaffung von Eignungsprüfungen und Anpassungslehrgängen usw..

Genau jene oben genannten Kriterien fehlen aber bisweilen bei dem nur in Deutschland zugelassenen Heilpraktiker.

Grob vereinfachend läßt sich feststellen und auch nachweisen, daß gerade die ursprünglich schon anerkannten Heilberufe (Arzt, Zahnarzt etc.) ebenso wie die rechts- und steuerberatenden Berufe in so gut wie allen Mitgliedstaaten staatlicherseits reglementiert und bereits fest auf einem Weg der gemeinsamen Harmonisierung sind.

Hinsichtlich des Heilpraktikers werden an dieser Stelle verschiedene Beispiele aus anderen EU-Ländern herangezogen, um z. T. demonstrieren zu können, daß sich der Beruf des nichtapprobierten Heilkundigen in anderen Ländern auch schon zu etablieren versucht. Zu nennen wäre hier z. B. Belgien, welches Personen, die diagnostische bzw. therapeutische Tätigkeiten und andere unterschiedliche Aufgaben im Gesundheitswesen ihres Landes vertreten, in Listen geführt werden. Nur stellt eine solche Katalogisierung keinerlei staatliche Anerkennung irgendeines Heilberufes neben dem des Arztes im eigentlichen Sinne dar. Man muß sogar schon sehr vorsichtig sein, das Wort "Duldung" in diesem Zusammenhang in den Mund zu nehmen, denn eine rechtsgültige Verabschiedung liegt in keinster Richtung vor.

Auch in Irland und Großbritannien sind nicht-reglementierte Berufe verbreitet. Hierbei gibt es teilweise freiwillige Berufszusammenschlüsse ("Charter Bodies"), welche Ausbildungs- und Verhaltensnormen festlegen können. Doch auch hier sollte man gerade im Bereich des Heilwesens von keiner staatlich geregelten und anerkannten Tätigkeit ausgehen.

Eine ähnliche Situation ist auch in Spanien zu beobachten. Desweiteren wäre die sehr stark eingeengte Heilkundeausübung in Holland zu nennen, wo ja Akupunktur auch mit der Bezeichnung "Tätowierung" zwar als Methode der Verletzung der Körperdecke in einem Atemzug genannt werden kann, jedoch die Anwender dieser Vorgehensweisen nicht gleich eine Heilkundefunktion im allgemein verständlichen Sinne ausüben - man betrachte in diesem Zusammenhang auch nur einmal an das Thema Haftpflicht.

An einen übergeordneten, freizügig tätigen "Europa-Heil-Praktiker" zu denken, dürfte deshalb zunächst einmal bedeuten, daß andere Staaten - ebenso wie in Deutschland - innerhalb ihres Landes einen zweiten selbständigen Heilkundigen ohne medizinische Approbation per staatlicher Regelung anerkennen müßten.

D. h. prinzipiell könnte in EU-Mitgliedsstaaten eigentlich nur die durch die nationale Gesetzgebung geschaffene Möglichkeit der Installation eines zweiten selbständigen Heilberufes - neben dem des Arztes - zu einer übergreifenden Harmonisierungsmöglichkeit und damit zu einem neuen EU-weiten Berufsbild führen. Dies hätte allerdings die Folge, daß dies zu einer Abschaffung des ärztlichen Behandlungsmonopols führen würde und die Staaten, die keine Voraussetzungen dazu geschaffen hätten, hiervon unbeinflußt blieben.

Daraus ergeben sich nun die zur Zeit noch nicht allseits klar beantwortbaren Kernfragen: Wollen eigentlich andere europäische Staaten innerhalb ihres Gesundheitssystems ein Heilpraktiker- (oder heilpraktikerähnliches) Gesetz mit derartigen Auswirkungen bei sich einführen - bzw. will die EU einen zweiten Heilberuf in der Konkurrenz zum Arzt initiieren?

Heilpraktiker hierzulande können im Grunde nur versuchen ähnliche, nicht anerkannte Therapeutenberufe in anderen EU-Mitgliedsländern fachlich zu unterstützen.

Seitens einer gesetzlichen Regelung heilkundlicher Tätigkeiten in ihrem Staate müssen diese Kreise allerdings selbst die Angelegenheit in die Hand nehmen. Denn eine Initiative zur Harmonisierung von Berufen innerhalb der EU liegt hauptsächlich bei den einzelnen Mitgliedstaaten selbst!

Bei allen Versuchen, den Heilpraktiker EU-weit unterzubringen, sollten auch Gefahren und Risiken die mit solchen Aktionen verbunden sein können keinesfalls unterschätzt werden. Man denke nur an eine mögliche Beschneidung des Heilpraktikergesetzes durch den Versuch mancher Organe, zuerst einmal eine "nationale Harmonisierung" im Therapeutenwesen zu erreichen.

Quellenhinweise:

* Beck-Texte: Europa-Recht, Einführung von Prof. Dr. Claus Dieter Classen

* Buchholz : Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

* Donhauser: Der Beruf des Heilpraktikers. Darstellung des Berufes, Analyse - Ausbildungssituation und Vorschläge zu ihrer Verbesserung

* Ehlers: Medizin in den Händen von Heilpraktikern - "Nicht-Heilkundigen"

* Lundt/Schiwy: Bundesärzteordnung und das Recht der übrigen Heilberufe (Loseblattsammlung-Kommentar)

* Rupp/von Olshausen: Die verfassungsrechtliche Situation der nichtärztlichen Heilberufe

* Sandforth/Donhauser: Der Rote Faden. Berufskunde, Nachschlagewerk zur Gesetzes- und Rechtskunde für den Beruf des Heilpraktikers

* Theobald/Erdle: Das Recht der Heilhilfsberufe, Hebammen und Heilpraktiker (Loseblattsammlung mit Erläuterungen)

* Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft


BMG:
Vertragsverletzungsverfahren bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln nicht zu erwarten

Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) räumt mit § 47a Produkten aus dem europäischen Ausland die Möglichkeit en, auch dann auf den deutschen Markt zu kommen, wenn sie den hier gültigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechen. Dies setzt allerdings einen entsprechenden Antrag und die Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) voraus.

Anträge auf Allgemeinverfügung nach § 47a LMBG können nur dann zurückgewiesen werden, wenn zwingende Gründe des Gesundheitsschutzes vorliegen. In der Vergangenheit wurden Anträge für hochdosierte Vitamin- und Mineralstoffprodukte abgelehnt, weil sie bereits im therapeutischen Dosisbereich eingestuft wurden und entsprechende Produkte in Deutschland dem Arzneimittelbereich zugeordnet werden. In letzter Zeit wurden zahlreiche Fälle bekannt, in welchen die ausländischen Antragsteller, deren Anträge mit der genannten Begründung zurückgewiesen wurden, eine Beschwerde an die Europäische Kommission richteten. Entgegen anderslautender Informationen ist trotz der Beschwerden von Antragstellern nicht mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens "Nahrungsergänzungsmittel" zu rechnen. Nach Auskunft des BMG werden keine weiteren Schritte von seiten der Europäischen Kommission erwartet, insbesondere sei eine entsprechende mit Gründen versehene Stellungnahme sehr unwahrscheinlich.

Seit Mitte 1997 ist eine europäische Regelung für Nahrungsergänzungsmittel in Diskussion. Sie könnte die derzeit bestehenden nationalen Unterschiede beseitigen und die sich daraus ergebenden Konflikte ausräumen. Ein konkreter Vorschlag steht allerdings noch aus.


AMK berichtet:
Aspekte der Haftung von Therapeuten bei Verordnung ausländischer Arzneimittel

Aufgrund zahlreicher Anfragen von Heilpraktikern und angeregt durch eine Diskussion mit Vertretern der Pharmazeutischen Industrie Mitte Januar 1999 informiert die Arzneimittel - Kommission der Deutschen Heilpraktiker nachfolgend über wichtige Aspekte der Haftung (auch von Heilpraktikern) bei der Verordnung von Arzneimitteln, insbesondere von aus dem Ausland bezogenen Arzneimittel.

1.
Grundsätzlich gilt für Human - Arzneimittel, die in Deutschland vertrieben werden das Arzneimittelgesetz (AMG). Danach unterliegen Arzneimittel der Pflicht zur Zulassung / Registrierung oder können von dieser durch Rechtsverordnung befreit sein. Sollte durch eine solches Arzneimittel ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit erheblich verletzt werden, so haftet der pharmazeutische Unternehmer gemäß § 84 AMG i.V.m. § 5 AMG für den eingetretenen Schaden. Voraussetzung hierfür ist,

• daß das Arzneimittel entsprechend dem bestimmungsgemäßen Gebrauch eingesetzt wurde und dabei schädliche Wirkungen eingetreten sind, die über den Wissensstand hinausgehen und die Ursachen im Bereich der Entwicklung oder Herstellung liegen, oder

• daß der Schaden durch mangelhafte Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

Das Gesetz schreibt den Unternehmen zwingend eine versicherungstechnische Absicherung eines möglichen Schadens mit verbindlichen Höchstgrenzen der Haftung vor (Gefährdungshaftung nach § 84 i.V.m. § 88 AMG).

Mit anderen Worten: der pharmazeutische Unternehmer haftet für die pharmazeutische Qualität und Unbedenklichkeit sowie für die ordentliche Kennzeichnung. Dies wird zudem von der Bundesoberbehörde sowie von den Landesaufsichtbehörden überwacht. Im Schadensfalle stehen Laboranalysen sowie Rückstellmuster zur Prüfung der Verantwortlichkeit zur Verfügung.

Hinzu kommt, daß durch die Gebrauchsinformation auch der Patient mit in die Verantwortung genommen wird. Es kann von ihm erwartet werden, daß er sich gewissenhaft an die dort angegebenen Vorschriften hält und sich in Zweifelsfällen medizinischen Rat einholt.

Letztlich kommt natürlich auch eine Haftung des Therapeuten hinzu, die sich jedoch weniger auf das Arzneimittel (Qualität und Unbedenklichkeit) richtet, sondern auf den richtigen Einsatz des Arzneimittels, auf die Beachtung von Kontraindikationen und Wechselwirkungen sowie die ordnungsgemäße Applikation.

2.
Bevor auf die Konsequenzen beim Einsatz von aus dem Ausland importierter Arzneimittel näher eingegangen wird, soll folgende Überlegung vorangestellt werden:

Wenn eine zur Aus,bung der Heilkunde berechtigte Person (Arzt oder Heilpraktiker) ganz allgemein formuliert ein "Produkt" einem Patienten verabreicht, verordnet oder abgibt ( was bei Arzneimitteln allerdings durch das AMG verboten ist), wird nach der Zweckbestimmung und der allgemeinen Verkehrsauffassung meist davon ausgegangen, daß es sich bei dem "Produkt" um ein Arzneimittel handelt. Arzneimittel sind nach § 2 AMG Stoffe oder Zubereitungen aus diesen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Dies ist ja auch die Absicht eines Therapeuten, der einen kranken Patienten behandelt.

Sogenannte Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich nicht definiert. 1) Daneben gibt es nur noch Nahrungsmittel gemäß des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG), die der Ernährung und dem Genuß dienen, und damit wohl ex definitione in einer Praxis zur Heilung kranker Patienten eher selten eingesetzt werden. Um es nochmals zu verdeutlichen: Produkte, die ein Heilpraktiker einsetzt oder verordnet sind Mittel im Rahmen seiner Therapie, die eine besondere therapeutische Verantwortung mit sich bringen, egal, was auf diesen Produkten draufsteht!

3.
Im § 73 AMG ist geregelt, wie Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland importiert werden können. Interessant ist dabei der Abs. 3, wonach Arzneimittel, die keine Zulassung in Deutschland besitzen, dann auch hier - allerdings nur über eine Apotheke - in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie auch in ihrem Herkunftsland vertrieben werden dürfen. In diesen Fällen dürfen Apotheken derartige Arzneimittel

• in geringen Mengen

• auf besondere Bestellung einzelner Personen

• nur im Rahmen des ,blichen Apothekenbetriebes bestellen und abgeben.

Voraussetzung ist dabei, daß das Herkunftsland, aus dem das Arzneimittel kommt, ein Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft ist oder ein Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum. Ist die nicht der Fall, kann ein Bezug über eine Apotheke nur auf ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verordnung erfolgen.

Darüber hinaus gilt natürlich auch noch die Apothekenbetriebsordnung. Danach ist bei Einzelimporten die Information und Beratung durch den Apotheker wichtig (§ 20); dar,ber hinaus muß der Apotheker darauf achten, daß die grundlegenden Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit, besonders § 5 AMG (Verbot bedenklicher Arzneimittel) und § 8 AMG (Verbot zum Schutz vor Täuschung) erfüllt sind.

Soweit zum technischen und rechtlichen Procedere, nun zum Haftungsaspekt:

Bei Bezug oder Verordnung derartiger, ausländischer Arzneimittel ist daher zu beachten, daß diese Arzneimittel hier keine Zulassung haben und damit auch kein pharmazeutischer Unternehmer nach den Vorschriften des AMG in Schadensfällen haftet. Ob und inwieweit eine Rückgriffshaftung gegen diesen, noch dazu im Ausland, durchzusetzen ist, ist rechtlich sicherlich interessant, für den Therapeuten aber existenzgefährdend.

Hinzu kommt, daß die Anweisungen oder Gebrauchsinformationen häufig nicht in deutscher Sprache abgefaßt, und damit dem Patienten nicht verständlich sind. Damit kommt auf den Therapeuten eine deutlich höhere Aufklärungspflicht gegenüber dem Patienten zu, die im Schadensfalle auch dokumentiert sein sollte.

Somit liegt die unmittelbare und häufig alleinige Haftung bei Verordnung ausländischer Arzneimittel direkt beim Heilpraktiker oder Arzt.

Wenn man bedenkt,

• daß z.T. Arzneimittel aus dem Ausland Verwendung finden, die in Deutschland z.B. aufgrund ihrer hohen Dosierung niemals eine Zulassung erhalten würden,

• daß einige ausländische Arzneimittel trotz ausländischer Zertifikate mit extremen Mengen von Schwermetallen verunreinigt waren

• daß für den Nachweis der pharmazeutischen Qualität und toxikologische Unbedenklichkeit oft keinerlei Unterlagen oder Analysenzertifikate zu erhalten sind sollte man vor Einsatz solcher Arzneimittel vielleicht auch einen Blick in die Bedingungen der Berufshaftpflichtversicherung werfen, um festzustellen, welches Risiko für einen persönlich besteht und welches eventuell von der Versicherung übernommen wird.

4.
Um Miflverständnisse von vorne herein auszuräumen: Bekanntlich sind einige deutsche Hersteller z.B. von Nosoden oder Homöopathika seit einigen Jahren, insbesondere jedoch nach den Erschwernissen der sog. 1000 Regelung durch die 8. AMG - Novelle mit ihrer Produktion ins benachbarte EU-Ausland gegangen, wo nach gleicher Qualität wie in Deutschland hergestellt wird; diese Arzneimittel können - wie oben beschrieben - im Wege des Einzelimportes (weil EU - Ausland ohne ärztliche Verschreibung) auch von Heilpraktikern per Verordnung für Patienten über die Apotheke bezogen werden. In diesen Fällen kann sicherlich ein minimales Risikopotential angenommen werden, da diese Firmen bei Schadensfällen natürlich auch ihren guten Namen im Inland riskieren würden und von den Arzneimitteln die gleiche Qualität wie bei einer Zulassung in Deutschland erwartet werden kann. Es ist schade, daß es weder dem Gesetzgeber noch der Bundesoberbehörde gelungen ist, für diese Fälle eine vernünftige Lösung zu finden, und der legale Umweg über das europäische Ausland gegangen werden muß.

Wichtig ist, daß der Heilpraktiker bei Verordnung von aus dem Ausland importierten Arzneimittel die für ihn erhöhten haftungsrechtlichen Risiken, die ihn im Schadensfalle unmittelbar persönlich treffen, kennt, damit Vorteil und Risiko im Einzelfalle gegeneinander abgewogen werden können: Unwissenheit schützt bekanntlich vor Strafe nicht.

Anmerkung:
1) "Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, die einen oder mehrere Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten (überwiegend Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) und üblicherweise eine lebensmitteluntypische Form (Tabletten, Kapseln etc.) aufweisen".

Literatur:

* Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts (AMG) vom 24.08.1976, zuletzt geo/oondert durch die 8. Novelle vom 07.09.1998

* BgVV Pressedienst 01/99 vom 01. Februar 1999: "Fragen und Antworten zu Nahrungsergo/oonzungsmittel"

* Pharmazeutische Zeitung Nr. 36 vom 07.09.1995, Seite 6

Dieter Fendt, Sprecher der AMK


Neue Mehrheiten?

Die Gesundheitspolitik der neuen Rot-Grünen Koalition will ja einige gesundheitspolitische Ziele mit anderen Mitteln erreichen, als die alte Bundesregierung. Sie sprach sich für die Positivliste, Festbeträge, Negativlisten, Budgets, Arzneimittelrichtlinien (so wie sie vorliegen) und Preisverhandlungen aus. Diesen Zielen hatte sich auch der Bundesrat am 5. Februar angeschlossen.

Mitten in diese Situation, in der eine regide Listenmedizin fröhliche Urständ´ feierte, platzte das Ergebnis der Hessenwahl hinein, das für veränderte Mehrheiten im Bundesrat sorgt.

Für die gesundheitspolitik hat das Konsequenzen. Die anstehende "Gesundheitsreform 2000" und auch die abermals bevorstehende (nun schon die neunte) Novellelierung des Arzneimitelgesetzes dürften Regelungen enthalten, die bundesratszustimmungspflichtig wären.

Der BAH hat Anfang Februar eine einstweilige Anordnung gegen die Neufassung der ausgrenzenden Arzneimittelrichtlinien beim Sozialgericht in Köln beantragt.

Vielleicht werden ja die Karten nocheinmal neu gemischt?


HP-Ausbildung:
Wieviel Staat ist gut?

von Karl F. Liebau

Unser Artikel über die Möglichkeit der Anerkennung von Heilpraktikerschulen als ergänzungsschulen nach dem Niedersächsischen Schulgesetz hat zu einer regen Diskussion über die Frage nach einem "wie" und "wieviel" staatlicher Anerkennung für den Berufsstand positiv und stabilisierend wirkt und wo Gefahren liegen, die Entwicklungen einleiten, die vom Berufssatnd nicht mehr steuerbar sein könnten. Wir möchten deshalb noch einmal auf diese Fragen eingehen:

Zunächst erstaunt das Vorgehen Niedersachsens und man hätte es von der Rechtssystematik des Bundesgesetzes her eigentlich nicht für einen möglichen Weg gehalten, wenn auch die Anerkennnung von Ausbildungsstätten nach einer Landesschulgesetzgebung etwas ganz anderes ist, als eine staatliche Anerkennung der Heilpraktikerausbildung. Deshalb ist dieser Weg auch vielleicht überhaupt nur möglich.

Andererseits sind die staatlicherseits konkreten Bedingungen für die Anerkennung einer Schule denn doch eine Art Anerkennung von bestimmten Ausbildungsvoraussetzungen zum Beruf des Heilpraktikers und hier muß man sich die Bedingen einmal genau anschauen, denn davon könnte evtl. einmal eine Art Normierung abgeleitet werden, deren Tauglichkeit für den Berufstand und die Berufsausübung man grundsätzlich hinterfragen muß.

Da ist zuerst die (Mindest)-Länge der Ausbildung mit 18 Monaten. Ob es glücklich ist, sozusagen von staatswegen bescheinigt zu bekommen, daß für den selbständigen und eigenverantwortlichen Heilberuf (neben dem Arzt) 18 Monate ausreichen, ist die Frage. Vielleicht kommen ja einmal andere staatliche Stellen, wie z.B. die Ländergesundheitsministerkonferenz, denen es ohnehin beim Heilpraktiker an Verbraucherschutz, Transparenz und Qualitätssicherung mangelt auf die Idee, aus eben diesen Verbraucherschutzgründen, das Tätigkeitsfeld des deutschen Heilpraktikers auf das Maß zurechtzustutzen, das zu einer 18monatigen Ausbildung, die eines ihrer Länder für ausreichend hält, angemessen und passend erscheint.

Zum anderen ist hier über eine Positiv- und eine Negativliste von Lehrinhalten das erste Mal staatlicherseits in eine Inhaltsdiskussion eingegriffen worden, in dem man nach gut und böse sortiert hat. Bisher hatte es der Staat, der freilich sein Handeln nach einem allgemein anerkannten Wissenschaftsbild ausrichten muß, peinlichst vermieden in einen Wissenschaftsstreit einzutreten, und er hatte und hat dafür gute Gründe. Die Freiheit des Heilpraktikers bestand gerade darin, daß der Staat keine Methodenselektion vornahm, wenn auch der Berufsstand selbst sich über die Anwendung und das Auslassen von Methoden definiert, aber es ist eben der Berufsstand der dies praxisbezogen nach den beruflichen Notwendigkeiten tut.

Wenn man sich die Positv- und Negativliste anschaut, fällt auf, daß sie, abgesehen von ihrer Fehlerhaftigkeit, auch von Unvollständigkeit und einem Mangel an Systematik gekennzeichnet sind. Wichtiges fehlt, dafür ist die Podoarthesiologie mit dabei, (gemeint ist die Podo-Orthesiologie). Dabei erfüllt diese Therapie eben genau nicht die gesetzlichen Voraussetzungen, das sie "im Heilpraktikerwesen nicht nur vereinzelt vertreten" sein soll.

Auch an der Negativliste gibt es inhaltlich eine deutliche Kritik: Heilkräuter Essenzen kategorisch auszuschließen, auch evtl. Aroma- und Farbtherapie(Farbpunktur) erscheint überflüssig und kritisch. Hätte man nicht vielleicht hier verschiedene Methoden "vergessen" sollen statt in der Positivliste. Hier sind Dinge festgeschrieben worden, die den Berufsstand hoffentlich nicht eines Tages bei einer Weiterentwicklung in diese Richtung schwer treffen.

Das wichtigste Problem aber bleibt: die Bedingungen der Anerkennung (18 Monate halbtags) liegen um die Hälfte unter dem, was weite Teile des Berufsstandes selbst an Ausbildung zu dem selbständigen und eigenverantwortlich Heilberuf des Heilpraktikers für angemessen halten, wenn man den Umfang der Tätigkeitsberechtigung rechtfertigen will. Manche befürchten, daß die Anerkennung einer Ausbildung über 18 Monate eines Tages zu einer daran ausgerichteten Tätigkeitsbeschneidung führen könnte.

Eine ganz andere Qualität hat die staatliche Zulassung eines Fernlehrgangs durch die staatliche Zentralstelle für das Fernschulwesen, wie sie z.B. die "Akademie für ganzheitliche Lebens- und Heilweisen" in Haan ,schon seit 1977 besitzt. Hierbei werden nicht einzelne Methoden nach "gut und böse" beurteilt, sondern das Staatliche Prüfungs- und Zulassungsverfahren gewährleistet, daß der Lehrstoff vollständig, fachlich einwandfrei und pädagogisch aufbereitet ist. Bei einem monatlichen Studienpensum von einem Studienbrief (ca. 3 Stunden täglich) ist ein solcher Lehrgang immerhin auf 30-36 Monate ausgelegt, wobei sich der Anspruch auf Fern- und Direktunterricht auf insgesamt 4 Jahre erstreckt. Hierbei werden keine zu kurzen Ausbildungsfristen festgeschrieben und auch keine Methoden staatlicherseits festgelegt oder ausgegrenzt, so daß daraus auch keine negativen Rückschlüsse auf evtl. Tätigkeitsbeschränkungen abgeleitet werden könnten. Hier wird staatlicherseits bestätigt, daß Umfang, Gründlichkeit und Aufbereitung des Stoffes dem zu erreichenden Lernziel genügt. Hier hat die staatliche "Anerkennung" einen stabilisierenden Faktor ohne in die berufsständische Freiheit von Lehrinhalten einzugreifen.

Geht man von der Rechtsystematik des gültigen Heilpraktikergesetzes aus, so kann es nur bei der Eigenverantwortung in Aus- und Fortbildungsfragen bleiben und verbandliche und berufsständische Lösungen geben, etwa wie sie Hubert Donhauser in seiner Doktorarbeit mit einer gut dokumentierten berufsständischen Professionalsierung als Gütesiegelmodell vorgestellt hat. Staatliche Qualifizierungsmodelle müßten den Rechtsrahmen des gültigen Heilpraktikergesetzes sprengen mit allen daraus resultierenden Gefahren.

NATURHEILPRAXIS wird in einem Diskussionsforum ab der Aprilausgabe wichtige Stimmen zu Wort kommen lassen, die sich mit dem Möglichkeiten einer berufsständischen Professionalisierung auseinandersetzen, um dem staatlicherseits eingeklagten Mehr nach Verbraucherschutz durch Transparenz entgegenzukommen.


EG-Beanstandung des Nachzulassungsverfahrens:

Eine positive Resonanz fanden die Lösungsvorschläge der Industrie anläßlich der Besprechung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) am 30. November. Das BMG hatte fristgerecht zum 22. Dezember auf das zweite Beanstandungsschreiben der Kommission geantwortet und Kernpunkte für eine grundsätzliche Neuregelung des Nachzulassungsverfahrens übermittelt. Die Ausformulierung eines Gesetzentwurfes wird jetzt Anfang des Jahres an die Kommission nachgereicht. Im einzelnen wurden folgende Formulierungsvorschläge beraten:

1.: Einführung einer "ex ante"-Verpflichtung zur Vorlage der Ergebnisse der klinischen und pharmakologisch-toxikologischen Prüfungen bzw. entsprechender bibliographischer Unterlagen für die Nachzulassung innerhalb einer noch festzulegenden Frist. Die Vorlageverpflichtung besteht allerdings nicht, soweit die Voraussetzungen einer Bezugnahme vorliegen. Gem. Art. 34 der Richtlinie 75/319/EWG gilt diese Verpflichtung auch nicht für homöopathische und anthroposophische Arzneimittel sowie Impfstoffe, Testallergene, Sera und Arzneimittel aus menschlichem Blut, ferner nicht für Arzneimittel aus Bestandteilen menschlichen Blutes oder aus radioaktiven Isotopen.

2.: Streichung der 2004-Regelung und Wiedereinsetzung dieser Verlängerungsanträge nach dem "Restfristprinzip" (Wiedereinsetzung in den Verfahrensstand zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung mit den damals zur Verfügung stehenden Fristen).

3.: Wiedereinführung der Verzichtsregelung mit zweijähriger Abverkaufsfrist für die Nachzulassung. Das BMG erwägt eine günstige Gebührenregelung für solche Arzneimittel, für die innerhalb eines Überlegungszeitraumes von sechs Monaten der Verzicht auf die Nachzulassung erklärt wird.

4.: Die von den Verbänden vorgeschlagene Erweiterung der Auflagenbefugnis wurde von den Vertretern des BfArM zurückhaltend aufgenommen. Die Bundesoberbehörde hält die inhaltliche Überprüfung der Erfüllung der Auflagen für problematisch. Dieser Auffassung wurde von den Verbänden entgegengehalten, daß der beschleunigte Abschluß des Nachzulassungsverfahrens vorrangig sei. Dieser könne durch eine erweiterte Auflagenpraxis erreicht werden, soweit durch Mängel der Unterlagen keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit im Sinne des Art. 10 der Richtlinie 75/319/EWG vorliege.

5.: Die zuständige Bundesoberbehörde soll gesetzlich verpflichtet werden, die Verlängerung der Zulassung hinsichtlich der Arzneimittel zu erteilen, die mit bereits in der Bundesrepublik Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR zugelassenen Arzneimitteln identisch sind. Das BMG regte an zu prüfen, inwieweit hier die Verbände die Vorlage entsprechender Unterlagen koordinieren könnten.

6.: Die von den Verbänden vorgeschlagene Wiedereinführung des Widerspruchsverfahrens bei der Nachzulassungsversagung sowie die Streichung der mit der 5. AMG-Novelle eingefügten Sofortvollzugsregelung wurde vom BMG nicht aufgegriffen.


Entdeckung der "Neuen Vitamine":

European Council drängt auf Rechtssicherheit für Verbraucher, Hersteller und Händler Die jüngst entdeckten Sekundären Pflanzeninhaltsstoffe drängen auf den Markt. Dadurch entstehen neue Herausforderungen für Aufsichtsbehörden, Apotheker, Hersteller und Verbraucherschützer. "Die Sekundären Pflanzeninhaltsstoffe werden bereits als die , Neuen Vitamine' bezeichnet. Mit ihnen ist die traditionelle Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln zu Arzneimitteln ins Wanken geraten," erläutert Dr. Frank A. Stebner, Justitiar des European Council und Anwalt in Salzgitter. Die schützende Wirkung könne bei konsequenter Anwendung der jetzt noch gebräuchlichen Abgrenzungskriterien dazu führen, daß Lebensmittel formal die Eigenschaften von Arzneimitteln trügen. Das könne aber nicht gewollt sein. "Jetzt kommt es auf Rechtssicherheit an, um Produzenten, Vertreiber und Verbraucher zu schützen," so Dr. Stebner weiter. Der European Council fordert hier eine rechtspolitische Diskussion.

Den Sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, kurz SPI, werden in jüngster Zeit protektive Wirkungen insbesondere gegenüber den weit verbreiteten Herz-Kreislauf- sowie Krebserkrankungen zugeschrieben. Der englische Fachbegriff "phytoprotectant" verdeutlicht diese neue Perspektive. Zum Beispiel wird die schützende Wirkung etwa von Tomaten oder Rotwein auf die darin enthaltenen SPI wie Carotinoide bzw. Polyphenole zurückgeführt. Wissenschaftler schätzen, daß bei einer gemischten Ernährung pro Tag 1,5 Gramm SPI aufgenommen werden. Diese Menge setzt sich aus bis zu 10.000 Einzelsubstanzen zusammen. Die Bezeichnung "sekundär" basiert auf der Abgrenzung zu den primären Inhaltsstoffen wie Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten. Ziel muß es sein, diese Vielfalt konzentriert und praktikabel zum vernünftigen Preis verfügbar zu machen.


Presse darf über empfehlenswerte Freiberufler berichten

Oberlandesgericht München entscheidet gegen Bayerische Ärztekammer / Sorgfältig erstellte Liste ist zulässig

Wenn ein Presseorgan aufgrund sorgfältiger Recherche und umfangreicher Befragungen eine Liste von berufsrechtlich gebundenen Freiberuflern veröffentlicht, die besonders zu empfehlen seien, so stellt dies in der Regel keine verbotene Werbung für die Genannten dar. Dies ist die Kernaussage des Oberlandesgerichts München in seinem jetzt veröffentlichten Urteil vom 12. November 1998 (29 U 3251/98) zur Ärzteserie des Magazins Focus. Mit dieser Begründung wurde der Antrag der Bayerischen Ärztekammer, dem Magazin die Veröffentlichung einer Ende 1997 veröffentlichten Serie zu verbieten, auch in der zweiten Instanz abgewiesen.

Im Gegensatz zu zwei Focus-Serien aus dem Jahr 1993 unter den Überschriften "Die besten Ärzte Deutschlands" und "Die 500 besten Rechtsanwälte", die der Bundesgerichtshof als wettbewerbswidrig beanstandet hatte, haben die Münchener Richter gegen die neue Serie keine Bedenken. Focus hatte unter der Überschrift "Die große Ärzte-Liste, 750 Empfehlungen, Spezialisten aus 67 Fachrichtungen" 1997 die Veröffentlichung einer neuen Serie begonnen. Diesmal wurde nicht die Bezeichnung "beste Ärzte" verwendet, und die empfohlenen Ärzte wurden in der jeweiligen Rubrik alphabetisch aufgelistet. Außerdem gab es fünf Kategorien, in denen die Ärzte nach Umfragen - im wesentlichen unter Medizinern - empfohlen wurden. Bewertet wurden die Ärzte "als Arzt, als Wissenschaftler, von Selbsthilfegruppen" oder als "Gutachter/Herausgeber/ Präsidentschaft und Zitierung in Fachzeitschriften".

Auch gegen diese Liste ging die Ärztekammer vor und wollte sie als verbotene Werbung für die genannten Ärzte untersagen lassen. Doch sowohl das Landgericht München I als auch das Oberlandesgericht München sahen dafür keinen Grund.

Die Ausführungen der OLG-Richter enthalten eine wichtige und deutliche Abwägung der verschiedenen hier betroffenen Interessen, wobei im Ergebnis die Pressefreiheit und auch die Möglichkeit, dem Empfänger sachliche Informationen zu geben, eindeutig Vorrang erhalten. Ausgangspunkt für die juristische Argumentation ist zunächst die Feststellung, daß die Ärzteliste objektiv geeignet ist, fremden Wettbewerb, nämlich den der genannten Ärzte, zu fördern. Um zu einem Verbot zu kommen, muß aber eine Wettbewerbsabsicht hinzukommen. "Eine wettbewerbsrechtliche Haftung kann jedoch nicht allein daraus hergeleitet werden, daß die Berichterstattung auf eine Verbesserung der fremden Wettbewerbslage hinwirkt. Denn ungeachtet der objektiven Eignung zur Förderungsabsicht liegt in der Regel der Grund für die gewählte Berichtsform in der durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützten Aufgabe der Presse, die Öffentlichkeit über eine Angelegenheit von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten", heißt es in den Urteilsgründen. Die Richter fahren fort: "Es besteht sonach ein begründetes Bedürfnis der Allgemeinheit, über spezialisierte, besonders qualifizierte Fachärzte unter namentlicher Nennung informiert zu werden." Nur wenn über das für einen Bericht Notwendige deutlich hinausgegangen werde, meinen die Richter weiter sei ein Wettbewerbsverstoß denkbar. Doch dies sei hier nicht geschehen. Zum einen gebe es keine besondere Herausstellung als "Die besten" der genannten 750 Ärzte unter den rund 350.000 Medizinern in Deutschland. Es mache entgegen der Ansicht der Ärztekammer auch in den Äugen des Lesers einen Unterschied, ob es sich nur um Empfehlungen handele oder die Ärzte von der Redaktion als besonders herausragend genannt würden.

Bei der durch das Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit sei auch nicht zu verlangen, daß sich ein Presseorgan jeglicher Wertung enthalte. Bei nachvollziehbaren Beurteilungskriterien bestünden keine Bedenken gegen eine konkrete Empfehlung. Auch seien dem Leser die Auswahlgrundlagen klar und deutlich in jedem Beitrag genannt worden. Auch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung konnte die Klage der Ärztekammer nach Ansicht des Oberlandesgerichts keinen Erfolg haben. Denn nach der ärztlichen Berufsordnung ist es nicht von vornherein unzulässig, sich von Dritten als "Spezialist" bezeichnen zu lassen.

Der Münchner Anwalt und Mediziner Alexander Ehlers, der Focus in diesem Verfahren vertreten hat, sieht die Entscheidung als einen "Meilenstein für Transparenz, Informationsmündigkeit und Pressefreiheit", gerade auch bei Freiberuflern. Das Urteil unterstreicht nach Ansicht von Wettbewerbsjuristen aber auch grundsätzlich die Zulässigkeit von Empfehlungen, wenn diese nach objektiven Kriterien zusammengestellt werden. So gebe es zunehmend sogenannte "Rankings" von Juristen, Steuerberatern und anderen Freiberuflern, die noch nicht so frei werben dürften. Hier hätten die Münchner Richter den Spielraum deutlich erweitert.


Schlechte Imagepflege für den Berufsstand

"Heilpraktiker verkaufte verbotenes Mittel" - "Garchinger Angeklagter vor Gericht: Germanium ist ein hervorragendes Medikament - Zu Geldstrafe verurteilt" - solche und ähnliche Schlagzeilen sind eine denkbar schlechte Imagepflege für den Berufsstand der heilpraktiker.

Der Fall:

Ein Heilpraktiker aus Garching verkaufte an einen Patienten zehn Gramm des angeblichen Wundermittels "Germanium", das in Deutschland verboten ist. Schon im vergangenen Jahr war er wegen Handel mit einem "bedenklichen Arzneimittel" vor Gericht gestanden, aber mit einem blauen Auge - einer Geldbuße von 3000 Mark - davongekommen.

Bei "Germanium" handelt es sich um ein Medikament, das nach dem Urteil des Bundesgesundheitsamts keine überprüfbare Heilwirkung hat. Im Gegenteil, bei längerer Einnahme wurden im Tierversuch gefährliche Nebenwirkungen, vor allem Nierenschäden, beobachtet. Aus diesem Grund ist in Deutschland der Verkauf, aber auch die Herstellung germaniumhaltiger Arzneimittel unter Strafe gestellt.

Zehn Gramm dieses Mittels in Pulverform hatte der 52jährige Heilpraktiker im Juni 1997 einem Patienten für 380 Mark verkauft und empfohlen, täglich eine Dosis einzunehmen. Bei der Durchsuchung der Praxisräume in Garching fand die Polizei außerdem eine homöopathische Zubereitung mit in Alkohol gelöstem Germanium. "Offensichtlich haben Sie diese Mischung selbst hergestellt, obwohl Ihnen klar sein mußte, daß Sie dazu keine Erlaubnis besitzen," hielt ihm der Staatsanwalt vor.

"Ich habe die Literatur zu Germanium eingehend studiert und bin zur Überzeugung gelangt: Es ist ein hervorragendes Heilmittel bei verschiedenen Beschwerden," erklärte der Angeklagte. Nicht nur Knoblauch und Ginseng, sondern auch das heilkräftige Quellwasser von Lourdes seien stark germaniumhaltig. "Bei Keimversuchen habe ich selbst festgestellt, daß Pflanzen, die ich mit einer Germaniumlösung begossen habe, erheblich besser gedeihen." Im übrigen könne man in Japan und in England das Mittel frei erwerben.

Den Verkauf von zehn Gramm Germanium räumte der Heilpraktiker ein. Für ihn sei es zuweilen schwierig, zwischen erlaubten und verbotenen Heilmitteln zu unterscheiden, weil das Produktangebot sehr unübersichtlich sei. "Ich habe einmal sogar beim Gesundheitsamt Altötting vorgesprochen, um das Arzneimittelgesetz einzusehen, weil ich mir über ein Medikament unsicher war - aber die hatten das Gesetz gar nicht," berichtete er.

Für die germaniumhaltige Alkohollösung präsentierte der Garchinger Heilpraktiker dem Gericht eine überraschende Erklärung: Diese Mixtur sei keineswegs zum Einnehmen, sondern zur Anwendung in seinem "Bioresonanzgerät" bestimmt gewesen. Mit diesem Apparat kann man seinen Worten zufolge die in einer Substanz enthaltenen Kraftschwingungen auf einen Patienten überleiten.

Es sei eine Art "geistiger Kraftübertragung", ohne daß der Kranke die Medizin einnimmt. "Es geht einfach um die Übertragung einer bestimmten Information," erläuterte er, "vergleichbar dem Lesen einer Zeitung, dabei esse ich auch nicht das Papier, sondern nehme die in den Meldungen enthaltenen Informationen auf." Ein Bioresonanz-Gerät koste etwa 30.000 Mark und werde auch von einer Anzahl seiner Kollegen mit Erfolg angewendet.

Der Heilpraktiker wurde trotz seiner Rechtfertigung zu einer Geldstrafe von 2000 Mark (40 Tagessätze zu 50 Mark) verurteilt. Entscheidend für das Gericht war der Verkauf der zehn Gramm Germanium an einen Patienten. Der Angeklagte habe damit eindeutig gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen, das die Abgabe von Medikamenten mit schädlichen Nebenwirkungen unter Strafe stellt.


Vorsicht bei Lakritze!

Produkte mit hohem Glycyrrhizingehalt können Bluthochdruck und andere Nebenwirkungen auslösen.

Untersuchungen der Landesbehörden der nördlichen Bundesländer haben ergeben, daß in Deutschland immer noch Lakritz-Produkte mit hohem Glycyrrhizin-Gehalt im Verkehr sind. Es handelt sich dabei vor allem um importierte Lakritzwaren. Lakritz-Erzeugnisse, die mehr als 200 mg Glycyrrhizin / 100g enthalten, können nach regelmäßigem Verzehr von mehr als 50 g pro Tag bei bestimmten Personen Nebenwirkungen auslösen. Da der Gehalt an Glycyrrhizin auf der Verpackung nicht deklariert ist, empfiehlt das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, BgVV, emeut, vorsorglich auf ständigen Verzehr größerer Mengen zu verzichten. Das betrifft vor allem Verbraucher, die an Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes leiden, sowie Schwangere. Glycyrrhizin ist natürlicher Bestandteil des Süßholzsaftes, der aufgrund seiner charakteristischen geschmackgebenden Eigenschaften zur Herstellung von Lakritz verwendet wird. Süßholzsaft wird aus den getrockneten Wurzeln der vor al4em im Mitte4meerraum vorkommenden Süßholzpflanzen gewonnen. Er wird seit über 4000 Jahren in der Medizin z.B. zum Behandeln von Magenbeschwerden und Erkältungskrankheiten venwendet.

Die beim Stoffwechsel des Glycyrrhizins freigesetzte Glycyrrhetinsäure hemmt ein Schlüsselenzym im hormonell gesteuerten Mineralstoffhaushalt. Bei ständigem Verzehr größerer Mengen von Glycyrrhizin kann es zu einer Veränderung des Mineralstoffwechsels mit Natriumanreicherungen und Kaliumverlusten kommen. Die Folge sind Erhöhung des Blutdrucks, Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) und Muskelschwäche.Ähnliche Symptome können bei süßholzwurzelhaltigen Arzneimitteln auftreten.

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Naturheilpraxis 03/99