„Lehrbuch Homöopathie“
Band I: Grundlagen und Anwendung
Band II: Praktische Hinweise zur Arzneiwahl

Gerhard Köhler

383 S., 5 Abb. und 9 Tab., Leinen, Hippokrates Verlag, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Euro 89,95

Anhand chronischer Anhäufung lehrhafter Inhalte mag der eine oder andere sich fragen, ob dem gedruckten (Lebens-)Werk des Freiburger Homöopathen ein bedeutsamer Zuwachs an Qualität und Nachfrage entspricht. Oder anders formuliert: ob an dieser fachliterarischen Richtungslinie Koemergenz zwischen Erstveröffentlichung (Band I, 1. Auflage 1982) und Nachfolgerexemplaren zu entdecken ist. Da die zunächst einbändige Ausgabe ab dem Jahr 1983 beständig erweitert wurde und sich seit 1986 durch eine nachzügelnde Zweibändigkeit immer neuer Gliederung und neuen Stoffs bis ins Jahr 2009 hinein erfreut, beanspruchen alle Bände, und zwar in uneinheitlichen Aufmachungen, mittlerweile einen halben Meter Bücherbrett.

Nach dem Vergleich kommt der Rezensent nicht umhin Folgendes festzuhalten: Auf der Beliebtheitsskala steht Band I bis zu seiner 5. Auflage (1988) nicht kraft seines Stils, sondern wegen dessen durchlässiger Stoffverwaltung und Kontinuität ganz oben. Es sind nämlich die mit frischer und eindeutiger Tinte geschriebenen Grundlagen, da sie treu den Bestrebungen Hahnemanns folgen, die dem Einsteiger den rechten Zugang verschaffen.
Was danach kommt kann diese Art nicht mehr konsequent aufrechterhalten.

Am besten verdeutlicht im aktuellen zweiten Band: Es entsteht ein viele Seiten füllendes Gemenge aus klinisch gesichteter Materia medica und den von anderen Autoren eintreffenden Therapieempfehlungen. Zusatzbehandlungen, wie sie stellenweise vorgeschlagen werden, kannte Hahnemanns Praxis wohl ebenso wenig wie die Betupfung der Hautschwiele mit einer Urtinktur aus Podophyllum peltatum o.ä. – hier einem Hinweis Voisins zufolge.

Man kann dabei zur Auffassung gelangen, dass dem alten Faden aus den frühen Auflagen am Ende nichts hinzuzufügen ist, wodurch für die Fortgeschrittenen nun das Problem entsteht, den Weg in eine neue homöopathische Ordnung einschlagen zu müssen: zu einem eigenständigen Werk II, auch hinsichtlich der Potenzenwahl, das sogar die Bandbreite von der Urtinktur bis zur C 1000 gestattet.

Es sollte deshalb heute lieber heißen: „Lehrbücher zur Homöopathie“.

Die seltene Geschlossenheit bei der Behandlung dieser umfangreichen Materie, noch den Bänden z.B. von Otto Leeser zu eigen, fehlt auch hier. Angesichts der fortgesetzten Bearbeitungen und den dabei erreichten Zielen ist dennoch für beide Bände der Begriff „Standardwerk“ zutreffend.

S.H.