Samuel Hahnemann: Gesamte Arzneimittellehre

Hrsg.: Christian Lucae/Matthias Wischner

Haug Verlag, Stuttgart 2007, 3 Bände, 2031 S., 6 Tab., geb., Euro [D] 239,95/€ [A] 246,70/CHF 379,–

ISBN 978-3-8304-7252-0

Die Gesamte Arzneimittellehre ist eine Zusammenfassung aller Arzneimittelprüfungen, die Hahnemann veröffentlichte. Neben den Arzneimitteln der Reinen Arzneimittellehre (RAL) und den Chronischen Krankheiten (CK) wurden die im Stapf-Archiv und in den Fragmenta de viribus medicamentorum veröffentlichten hinzugenommen und in alphabetischer Reihenfolge geordnet. Somit stehen dem Studenten der Homöopathie und dem Praktiker alle Arzneimittel, die zur Zeit Hahnemanns relevant waren, in einem Werk sicher und rasch auffindbar zur Verfügung, zum Studieren und Vergleichen mit den Patientensymptomen. Besonders hervorzuheben ist die gut handhabbare Aufmachung dieses Buches. Die Herausgeber haben eine Gliederung nach dem Kopf-Fuß-Schema in jedes Arzneimittel eingearbeitet. Die Materia Medica Hahnemanns präsentiert sich so in einer bisher nicht gekannten Übersichtlichkeit. Das große Buchformat, ein zweispaltiges Seitenlayout und die hohe Druckqualität tun ein Übriges und machen das Lesen in dem dreibändigen Werk zum Vergnügen.

Die Gesamte Arzneimittellehre verdient besondere Aufmerksamkeit, da die Herausgeber Wisch-ner und Lucae mit wissenschaftlicher Sorgfalt an diese umfangreiche Arbeit herangegangen sind. Im Vorwort, der Einführung und den Editionsrichtlinien würdigen sie Hahnemanns Leistung und weisen mit sachlicher Kritik auf Schwachstellen hin.
Anton Rohrer skizziert im Geleitwort die aktuelle Rückbesinnung auf die Wurzeln der Homöopathie und hebt die Relevanz der Arzneiwirkungen hervor, die mittels der Prüfung am Gesunden erforscht worden sind.

Die Herausgeber betonen im Vorwort die nach wie vor große Bedeutung der Hahnemann’schen Arzneimittellehre auch für die heutige Zeit. Seine Materia Medica ist die Grundlage, auf die spätere Arzneimittellehren aufbauen. In der Einführung gehen Lucae und Wischner auf wichtige Aspekte ihrer Arbeit ein. Die kurzen Theorieteile, die in einzelnen Bänden der RAL und den CK vorangestellt sind, gehören nicht zwingend zu den Arzneimitteldarstellungen. Deshalb konnte auf sie verzichtet werden, zumal sie in den Gesammelten kleinen Schriften (Hahnemann, Haug 2001) nachzulesen sind. Die Vorworte zu den einzelnen Arzneimitteln wurden beibehalten, bei den Arzneimitteln, die sich sowohl in der RAL als auch in den CK finden, sogar beide Versionen. Detailliert wird auf die Arzneimittelprüfungsmethodik Hahnemanns eingegangen und auch auf seine kritische Haltung einzelnen Prüfern gegenüber. Besonders interessant ist, dass Hahnemann auch Erfahrungen am Patienten, klinische Beobachtungen, in die Materia Medica einfließen ließ und zwar über die separat benannten Heilungssymptome hinaus. Diese Erkenntnis ist der Analyse der Krankenjournale Hahnemanns zu verdanken (siehe auch die Buchbesprechung. Hahnemann, S.: Krankenjournal D38). Dort findet sich das Kürzel „NB“, was nach neuestem Kenntnisstand „Nebenbeschwerde“ bedeutet, das Hahnemann an Symptomen notierte, die seiner Einschätzung nach durch die Arznei hervorgerufen wurden. Bei der Übernahme in die Arzneimittellehre hat er das Kürzel durchgestrichen.

In den Editionsrichtlinien legen die Herausgeber ihr methodisches Vorgehen offen. Daraus ist zu erkennen, wie umsichtig und wohlüberlegt die Arbeit durchgeführt wurde. Hervorzuheben ist, dass bei allen sowohl in der RAL als auch in der CK aufgeführten Arzneimitteln nachvollziehbar bleibt, wie der ursprüngliche Wortlaut der Symptome in den beiden Quellen war. Hahnemann hat bei der Neubearbeitung der Arzneimittel in den CK häufig die Empfindung an den Anfang des Symptoms gestellt.

Im Anhang am Ende des dritten Bandes findet sich ein Glossar mit von Hahnemann gebrauchten Begriffen, die heute nicht mehr gebräuchlich sind. Auch wenn die Übersetzung in heutige Begriffe mit Vorsicht zu genießen ist, kommen die Herausgeber damit einem Bedürfnis der Nutzer nach.

In einer umfangreichen Tabelle sind Werke mit Erscheinungsjahr und Symptomenanzahl der einzelnen Arzneimittel verzeichnet. Das Werk schließt mit der Vorrede in der RAL Bd. 1 (3. Aufl. 1830).

Beim Materia-Medica-Vergleich mit den Patientensymptomen findet die Arzneimittellehre Hahnemanns in dieser Form der Aufbereitung einen Platz unter den ersten Rängen. Das bisher mühsame Auffinden entsprechender Körperbereiche ist nun schnell möglich und das Vergleichen der Symptome durch die gut erfassbare Seitenstruktur ein Vergnügen.

Roger Rissel