Die humoral wirksamen Verfahren der alten Ärzte

Prof. Dr. med. Werner Zabel

Broschiert: 136 Seiten, Verlag: Ärzte-Verl. (1950)

Das wichtige Büchlein (es hat im Kleinformat nur 135 Seiten) ist 1950 im Hippokrates-Verlag Stuttgart, in Zusammenarbeit mit Marquardt & Cie., Stuttgart, erschienen – im Rahmen einer „Schriftenreihe für Ganzheitsmedizin“. Es heißt „Die humoral wirksamen Verfahren der alten Ärzte“ und ist – wem sonst – Bernhard Aschner in New York (vor dem Naziterror in Wien praktizierend) gewidmet. Das Bedeutsame an diesem Buch ist, dass alle, die Aschners dickbändige Werke nicht mehr bekommen und sich vielleicht auch nicht leisten können, hier eine vorzügliche Aufzählung vorfinden: Aderlass (sehr ausführlich!), Blutegelbehandlung, Schröpfen (trocken und blutig), Kantharidenpflaster, Fontanelle, Pustulantien (z.B. durch das Baunscheidtieren) und das Brechmittelverfahren. Kurz, prägnant, praktisch – einfach unentbehrlich. Und was ich in diesen Büchern noch nirgends gefunden habe, ist ein völlig anders geartetes Indikationsverfahren, das viel mehr als ein solches ist: Krankheiten werden aufgeführt und dahinter die am geeignetsten Verfahren, wiederum qualifiziert nach erst- bzw. zweitrangig. Wer solche Kostbarkeiten auffindet, sollte zugreifen. Bedauerlich dürfte sein, dass einige dieser Therapien auch in unseren Praxen mehr und mehr verschwinden. Solche Lektüre ist ein Anreiz zur Wiederbelebung.

Noch habe ich den Verfasser nicht erwähnt: Prof. Dr. med. Werner Zabel, langjähriger Leiter seiner „Ganzheitsklinik“ in Berchtesgaden. Das war in den 60er- und 70er-Jahren, als auch Dr. med. Josef Issels seine berühmte Krebsklinik am Tegernsee führte, gelobt und umstritten beide, abgelehnt von der Schulmedizin und für viele Kranke letzte Zuflucht.

Zabel befasste sich schon früh mit den naturheilkundlichen Verfahren. Bereits 1934 erschien im renommierten Hippokrates-Verlag in Stuttgart ein Werk von ihm, das den kranken Menschen als Ganzes sehen wollte. Später wurde er als leitender Oberarzt an das Sanatorium „Weißer Hirsch“ nach Dresden berufen, an welchem auch Prof. Brauchle arbeitete und der Gründer Dr. Lahmann war. In den nationalsozialistischen Jahren wurde es leider mit dem Stellvertreter des „Führers“, Rudolf Heß, in Zusammenhang gebracht, der merkwürdigerweise eine Vorliebe für die Naturheilkunde besaß. Prof. Zabel erzählte mir einmal, dass das Krankenhaus trotzdem weitgehend ideologiefrei arbeiten konnte. Das Büchlein von 1950 ist davon sowieso nicht betroffen – schließlich ist es einem berühmten jüdischen Wiener Gynäkologen, nämlich eben Prof. Bernhard Aschner, gewidmet.

J. K.