„Ich tanze mit der Angst – ich tanze mit der Freude“

Caroline Erdmann

160 S., broschiert, 9,90 Euro, Herder Verlag, Freiburg

ISBN: 3-451-05244-X

Diagnose: Brustkrebs! Etwa 50 Frauen sterben täglich in Deutschland an Brustkrebs (2002). Aber die innere Betroffenheit ist statistisch überhaupt nicht darstellbar. Die an Krebs erkrankte Autorin hat ihren Umgang mit der Angst aufgeschrieben. Es zeigt sich die Schicksalsbewältigung: die Suche nach neuen Aktivitäten und neuen Vorzeichen für das Leben mit Krebs. Da ist die Angst vor der Verstümmelung: Es werden zwei große Narben sein, eine durch die Rückenmuskelresektion und die andere durch die Mastektomie. Der Operation geht eine Vorbereitungszeit voraus. Träume werden zu Zeichen der Verarbeitung von Angst. Die konsultierten Therapeuten zeigen Einfühlungsvermögen, bevor das kalte Metall aufblinkt. Auch die Initiatoren der Aktion „Lucia“ helfen. Sie wollen mehr Licht in das dunkle Kapitel „Brustkrebs in Deutschland“ bringen, mehr Licht in die immer noch bestehenden Lücken innerhalb der Versorgungskette...

„Angst hat Zukunft“ ironisiert Hans-Horst Skupy, und mit ernsterem Unterton ist es so auch für Karoline Erdmann. Nachträgliche Überlegungen über Schuld und Sühne empfindet die Autorin als anmaßend. Das Leben nach der Operation wird nun geschildert. Die Entscheidung fällt gegen eine Chemotherapie und zugunsten einer Hormontherapie aus, die das Klimakterium vorzieht. Die Möglichkeiten der alternativen Nachsorge werden nahezu ausgeschöpft: Hyperthermie, Misteltherapie, Lymphdrainage, Enzyme etc. Die Psyche leidet weiterhin und beeinflußt die Selbstreflexion. Die Alexander-Technik ist wohltuend, und kombiniert mit der Aufstellung psychosozialer Verknüpfungen. Die Erfahrungen im Anschluß an die glücklich überstandene Operation bilden zwar eine Stufe, aber es wird für die Autorin kein Schritt in ein Leben nach dem Krebs daraus. Ein Rezidiv kündigt sich an und macht einen weiteren Eingriff erforderlich. Doch die Autorin geht weiter und es geschieht das, was sie schon immer gerne getan hat: sie tanzt. Wohin und wie lange, das bleibt medizinisch und biographisch als Text offen. Das Büchlein mit seinen hilfreichen Anmerkungen kann das Verständnis für die menschliche Grenzsituation erweitern und die Teilhabe am Schicksal anderer fördern.

S.H.