Homöopathische Miasmen: Die Psora; Ein Lern- und Praxisbuch

Peter Gienow

Sonntag: Stuttgart 2005, 2. überarbeitete Auflage, 203 S., 38 Abb., geb., 39,95 €/ 67,90 CHF

ISBN 3 8304 9123 9

Wie die meisten Autoren, die sich zur „Miasmenlehre“ äußern, bezieht sich auch Peter Gienow auf Samuel Hahnemann Die chronischen Krankheiten. Im Unterschied zu vielen seiner Kollegen arbeitet Gienow intensiv mit dem ersten Band dieses Werkes.

So erstellt er im mittleren Teil seiner Abhandlung eine Neuauflistung der in den CK genannten Symptome und Beschwerden der latenten und der aktiven Psora. Gienow ergänzt diese Auflistung mit weiteren Symptomen und Zuordnungen, deren Quelle leider nicht angegeben wird. Außerdem führt er den Begriff der „Erschöpfungsphase der Psora“ als eine weitere Form der aktiven Psora ein. Dies meint der Autor durch eine Analyse der von Hahnemann angeführten 97 Beispiele (Fußnoten) für aufgetretene Erkrankungen nach der einseitigen Vernichtung des zur Beschwichtigung der inneren Psora dienenden Hautausschlags belegen zu können. Seine Schlussfolgerungen stehen allerdings in krassem Widerspruch zu Hahnemann. Er bedient sich dabei der Aussagen Ortegas zu den Miasmen, ohne diese kritisch zu reflektieren.

Zu Beginn seiner Ausführungen greift der Autor Hahnemanns Gedanken zum biblischen Alter der Psora auf und erläutert den hebräischen Begriff Tsora-at, der zumeist mit „Aussatz“ übersetz wird. Aussagen zur Tsora-at und zur Lepra werden mit Wort- und Zahlenspielen begründet.

Die Bedeutung [KR1], die Gienow der Scabies (Krätze) beimisst, ist verwirrend und bedient die unhaltbare Vorstellung, der psorische Primäraffekt, den Hahnemann beschreibt, sei die Scabies. Er versäumt die Differenzierung zwischen Psora und Krätze und vergibt damit die Chance, der Unschärfe und Verwirrung in der gesamten Miasmenthematik zumindest an dieser Stelle entgegenzuwirken. Ganz im Gegenteil macht Gienow an der Skabies-Erkrankung, ihren Sonderformen und deren offiziellen Behandlungsmethoden die Aussage fest, dass auch die Krätze in Abhängigkeit von Veranlagung und Behandlungen bereits sykotische und syphilitische Ur-Muster in sich trüge.

Zum Schluss fasst der Autor die praxisrelevanten Konsequenzen [KR2] zusammen, die mit Hahnemann weitgehend übereinstimmen. Hier stellt das Buch einen echten Gewinn dar, um diese wichtigen Hinweise bewusster zu machen.

Die nennenswerte Erweiterung der 2.Auflage liegt im Anhang, in dem Ursula Wagener tabellarisch Zuordnungen zu latenter, aktiver und Erschöpfungs-Psora zusammengefasst hat.
Die fleißige Arbeit Gienows verdient Anerkennung. Er unterstreicht die praxisrelevanten Fakten, die Hahnemann mit seiner Theorie der Chronischen Krankheiten zu erklären versucht hat. Zu einer Klärung des Themas Psora trägt Gienow leider nicht bei. Er vergrößert den Wust an nicht nachvollziehbaren Theorien, denen nichts taugliches Neues nutzbringend für die Praxis entspringt.

[KR1] Eine Bedeutung kann nicht verwirrend sein. Sind eventuell Deutungen, Interpretationen gemeint?
[KR2] Sind da Erkenntnisse oder Schlussfolgerungen gemeint?

Roger Rissel