Weiterbildung Homöopathie, Band F,
Langzeitbehandlung von chronisch Kranken
– Syphilitisches Miasma – Schulen der Homöopathie

Gerhard Bleul (Hrsg.)

Sonntag, 2005 Sttg., 405 S., 51 Abb. kt., € 44,95 / CHF 76,00

ISBN: 3-8304-9082-8

Mit dem Band F der Fachbuchreihe des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte e.V. ist das sechsbändige Werk vollständig. Diese Ausgabe dient als Begleitbuch für den Kurs F der ärztlichen Weiterbildung zur Zusatzbezeichnung „Homöopathie“. Darüber hinaus ist dieses gelungene Buch jedem homöopathisch arbeitenden Therapeuten zu empfehlen.

Das Buch ist, in der Textgestaltung den anderen Bänden folgend, durch die Zusammenfassungen am Seitenrand für die Begleitung des Studiums der Homöopathie gut geeignet, denn so können Textstellen schnell wiedergefunden werden. Reichlich vorhandene Tabellen, Abbildungen, Zeichnungen und Grafiken unterstützen das Erfassen der Inhalte und das Lernen.

22 Autoren nehmen in diesem Band zu verschiedenen Themen Stellung. Dabei stellt der Herausgeber unterschiedliche Auffassungen zur Theorie der Homöopathie, ihrer Umsetzung in die Praxis und zur Materia Medica Homöopathica nebeneinander. Diese Konzeption macht das Lesen zu einem spannenden Ereignis.

Dem „Pflichtteil“ des Buches sind die Aufsätze zu den Themen

„Geistes und Gemütskrankheiten“,
„Handhabung der Langzeitbehandlung an Beispielen“,
„Unheilbare Fälle, Palliation“
„Das Syphilitische Miasma“

zuzuordnen. Hierzu gehören auch die Beschreibungen der Arzneimittel

Aurum metallicum,
Hyoscyamus niger,
Stramonium,
Tuberkulinum,
Syphillinum
und Carcinosinum.

Diese Arzneimittel sind in ganz unterschiedlicher Weise dargestellt. So wird Hyoscyamus niger ganz auf die Symptomenreihen der Arzneimittelprüfung und ihre Verifizierung bei der Behandlung aufgebaut und mit Fakten zur Herkunft, bisherigen Verwendung der Arznei in der Heilkunde und Kenntnisse über chemisch-pharmakologische Aspekte ergänzt. Fallbeispiele (auch aus dem Bereich der Tiermedizin) und Angaben über Aussagen zur Arznei in der Weltliteratur runden die Ausführung ab.

In deutlichem Unterschied dazu steht beispielsweise die Darstellung des Arzneimittels Aurum metallicum. Hier stehen Symbolik, Psychologie und die Typisierung des Arzneimittels im Vordergrund. Auch werden für die Auflistung von Symptomen nicht die Prüfungssymptome herangezogen, sondern Repertoriumsrubriken.

Zur „Kür“ gehören die Darstellungen der verschiedenen Schulen der Homöopathie. Ein eigener Beitrag beschäftigt sich mit der Miasmentheorie verschiedener Schulen.

Das Buch bietet eine Darstellung von:

„Bönninghausens Methode der Arzneifindung“
„Die Methodik von James Tyler Kent“
„Die Schule von Sanchez Ortega“
„Die naturwissenschaftlich-kritische Richtung der Homöopathie“
„Die genuine Homöopathie“
„Georgos Vithoulkas – Impulse für eine neue Generation“
„Alfonso Masi-Elizalde: Die miasmatische Dynamik“
„Die Seghal-Methode”
„Jan Scholten: Gruppenanalyse und Themenbildung“
“Massimo Mangialavori: Die Komplexe Methode”
„Fallaufnahme und Analyse nach Rajan Sankaran“
„Homöopathie als Medizin der archetypischen Kräfte des Lebens („C4-Homöopathie“)“
„Technik der Hierarchisierung und Fallanalyse nach Candegabe und Carrara“

Da die Autoren der einzelnen Schulen jeweils als Kenner und Fürsprecher der Schule zu verstehen sind und damit eine hohe Authentizität gewahrt ist, gewinnt dieser Teil des Buches eine besondere Qualität. (Ein Autor ist sogar der Begründer der Schule selbst.) Dass auch hier ein Spannungsfeld entsteht ist zwangsläufig, denn in der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Schulen liegen entscheidende Widersprüche.

Der Beitrag über die Methodik von James Tyler Kent zeigt auf, dass Kent, obwohl in Praxis und Lehre eng an Hahnemann angelehnt, entscheidende Züge der Homöopathie missverstehen musste aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden schlechten Organon – Übersetzung ins Englische. Für die Bedeutung eines kritischen Umgangs mit den Schriften zur Homöopathie kann dieser Beitrag beispielhaft sein. Für den Studierenden, Praktizierenden und Forschenden in der Homöopathie sollte das sorgfältige Vergleichen der Aussagen von Homöopathen mit den Schriften Hahnemanns ein ganz wesentlicher Punkt sein.

Für den Studierenden der Homöopathie erscheint diese Methodenvielfalt in der Homöopathie sicher verwirrend. Hier lohnt sich eine erste kritische Prüfung der Methoden an der Definition der Homöopathie wie sie eingangs jedes Bandes dieser Buchreihe steht:
„Homöopathie ist eine wissenschaftliche Heilmethode mit einzelnen Arzneien, die nach Prüfung ihrer Wirkung an Gesunden aufgrund der individuellen Krankheitszeichen des Patienten nach dem Ähnlichkeitsprinzip angewendet werden.“

(Unterstreichungen durch den Rezensenten)

Alleine bei der Frage, inwieweit einzelne Methoden dieser Definition noch entsprechen, wird sich zeigen, dass einige nur noch den Namen und die Anwendung potenzierter Arzneimittel gemeinsam haben.

Roger Rissel