Die Alchemie und ihr Stummes Buch (Mutus liber)

Neudruck der Originalausgabe von La Rochelle 1677

Eugène Canseliet (Einleitung und Kommentar)

176 Seiten, 20 Bildtafeln, DIN A 4, Verlag Clemens Zerling,10967 Berlin, Graefestr. 26a, DM 48,--

Was läßt sich über ein Buch sagen, das zu 98% auf sprachliche Darstellung verzichtet, ja Wörter ausschließen muß? Vielleicht wäre etwas zu sagen über die Rahmenbedingungen, die zu diesem Bildband führten. Oder auch, über die aus unserer Sicht sogar notwendigen Kommentierungen der alten französischen Ausgabe von La Rochelle, verwirklicht also durch den Schüler Fulcanellis.

Im erweiterten Vorwort wird betont, daß es die erste - und auch gelungene - Übersetzung eines alchemistischen Werks ins Deutsche seit über 200 Jahren sei. Der Leser ist für die ausführlichen Kommentare und Querverweise zu den Tafeln sicherlich dankbar, die den Hintergrund der Entstehung und Bedeutung erhellen. Allegorien waren zur Zeit des Barocks gefragt.

Ganze Bildergeschichten entstanden und mystische Elemente wurden z.T. sehr kitschig illustriert. Nicht das Symbol, sondern der allegorische Ablauf, der Anstieg der Seele, standen im Vordergrund. Im Mutus liber liegen, wie bei Angelus Silesius, die Dinge anders. Lakonisch kurz die Aufforderungen und Hinweise für den Betrachter nach dem Eröffnungsblatt. "Ora, lege, lege, lege, relege, labora et invenies" heißt es einmal, oder: "oculatus abis!, Du gehst als Sehender", an anderer Stelle.
Dazwischen die überaus symbolreich gestaltete Hermetische Wissenschaft, das sind kunstvolle Vorgänge, die teilweise ihre Ursprünge im Griechischen und Arabischen haben. Wer also näheren Einblick in die Verfahrensweisen und Ziele der Alchemie bekommen möchte, wird diese Neu-Editierung zu beachten wissen. Erst dann erschließt sich ihm die ganze Tragweite der Anforderungen an die Spagyrik, wie sie heute noch in abgewandelter Form Heilskräfte freisetzen möchte. Denn, so lautet der Zweck: "keine Alchemie ohne Spagyrik und keine Spagyrik ohne Alchemie"; und das ist ein Weg, der überwiegend stumm zu gehen ist.

Siegfried Haußmann