Erika Scheiwiller-Muralt

"Homöopathie bei akuten Erkrankungen und Notfällen"

214 Seiten, geb., etliche Tabellen, Verlag Urban & Fischer, DM 68,--

Es führt in der Praxis oftmals zu einem Handlungskonflikt, ob und wann Homöopathika in höheren Potenzen - bei Gefahr in Verzug - gegeben werden dürfen. Dieses Buch will die Entscheidung durch Wissensanreicherung erleichtern und beschäftigt sich deshalb mit 40 Arzneimitteln, welche die klassische Materia medica als "akut wirksam" ausweist. Gerade aber im akuten Fall zeigen sich die Symptome eindrucksvoll und leiten mit wenigen Schritten zum Ziel. Dort, wo das Bedrohliche am größten, ist nämlich das Rettende am nächsten, tröstet Hölderlin.

Ein unglücklicher Nachteil aber entsteht, wenn die erste Wahl falsch ausfällt und wertvolle Zeit verstreicht. Daher ist genau nach der von Samuel Hahnemann verfaßten Vorschrift zu verfahren. Und das richtige Mittel wird dann nur durch die Differenzierung der Auslösefaktoren, der Modalitäten und der Leitsymptome zu den vergleichsweise herangezogenen gefunden. Eine klug aufgebaute Modalitätentabelle hilft dabei. Soweit das Buch zu den systematischen Überlegungen, vielleicht direkt am Krankenbett und im Notfall, so auch von Kent gefordert und wo Sicherheit ausstrahlen soll. Daher beschränkt sich das Buch auf kurzlinige Erklärungen, handelt nicht ausschweifend ab.
Nachdem ein Mittel, von den 40, in seinen Charakteristika knapp erklärt ist, wird ein typischer "Fall" zitiert, bei dem es gut wirkte. Fehlschläge werden leider nicht genannt, aus denen man ja noch besser hätte lernen können. Am besten auswendig lernen sollte man das kleine, wenige Seiten lange Repertorium und das ebenso kurze Indikationsverzeichnis, zumal der Homöopath bekanntlich von seinem guten Gedächtnis lebt.

Warum aber das lateinische "Aggravesco" für Verschlimmerung und "amelius", eigentlich: "commodior valetudo" oder "in melius mutare", für die Besserung eingesetzt sind, anstatt die Kürzel V. oder B. zu verwenden, müßte gelegentlich nachgefragt werden. Auch die Zeichen < für Verschlimmerung bzw. > für Besserung sorgen anderswo immer wieder für Widersprüche.

Den reizvollen 6. und letzten Teil des Buches bilden Fragebögen und "trockene" Übungsfälle, die das Wissen des Lesers auf eine hypothetische Probe stellen. Jedoch die größte Bestätigung erhält der Verordner vom Kranken selbst, wo seine Kunst sich beweisen kann oder als untauglich sich herausstellt.

Siegfried Haußmann