Roland Sananes

Homöopathie und die Sprache des Körpers

Sonntag Verlag, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart
280 Seiten, 8 Abb., geb.,
DM 69,--

Das von Dr. Bühler übersetzte Buch des bekannten französischen Homöopathen nimmt die Homöopathie unter ausgewählten Gesichtspunkten in eine "humanistische Medizin" auf. Daher ist zunächst das Menschenbild mit den Äußerungen des Leibes näher zu bestimmen. Notwendigerweise eine umfangreichere Annäherung an den Gesunden und Kranken, was offenbar besonders gut dem Homöopathen gelingt. Seine Methode wird deshalb auch in den Grundzügen näher beleuchtet und die Leitsätze Hahnemanns sind hervorgehoben: Begriff der Lebenskraft (Dynamis), Ähnlichkeitsprinzip, Nosodenfrage, Gewinnung eines Arzneimittelbildes usw.

Da die Entwicklung voranschreitet, werden vom Autor auch neuere Erkenntnisse eingeflochten, die vor allem um die Erforschung von Verdünnungsstufen, also um Wirksamkeitsnachweise kreisen. Unter "Sprache des Körpers" versteht der Autor jedoch keine Gestik oder (patho-)physiognomische Artikulationen im engeren Sinne, wie der Leser anhand des Titels vielleicht vermutet hätte. Vielmehr ist sie als Typenlehre in wenigen Konstitutionen vorhanden, die mit der traditionellen Konstitutionslehre kaum übereinstimmen. So wie es bestimmte homöopathische "Kindertypen" gibt, so entsprechen auch hier die mentalen, psychischen und physischen Reaktionsweisen den zum Teil großzügig oder unvollständig eingezäunten Arzneimittelbildern innerhalb der gesamten Symptomenwelt (Phänomenologie).

Der Autor hat sich die Mühe gemacht, nach diesen Kriterien die Materia medica zu sichten und zu ordnen, um sie insbesondere unter Berücksichtigung von Causae und Modalitäten systematisch darzustellen. Ein wichtiges Kapitel deshalb über: "Die Lebensalter". Es wagt den übergreifenden Versuch, neben den psychovegetativen Erscheinungsformen von Aggressivität und Depression hinaus, den personalen Entwicklungen sozusagen eine Art homöopathisches Abbild zu verschaffen. Das verlegt aber den Ansatz einer sich humanistisch nennenden Medizin, die ja alle Sparten der Medizin jeweils für sich als Ziel erklären, und leitet ihn über zu einer größer angelegten anthropologischen Medizin, in der das Konkrete wie Abstrakte Platz findet. Das gilt auch für den Alltag, worin sich die homöopathische Heilmethode als nahtloser Komplex eingliedern lässt. Daher auch die vom Autor bestätigten konkreten "homöopathischen Verbündeten" des Alltags, der mit lästigen "kleineren" Übeln beschäftigt ist: Akne, Angina, Erkältungen, WS-Syndromen, Venenleiden u. a. Welche homöopathische Diät zu welchem Arzneityp passt erfährt der Leser ebenfalls. Insgesamt ergibt sich damit für ihn ein abrundendes Bild, das nur hier und da einer etwas günstigeren Strukturierung bedurft hätte, so dass es nicht phasenweise in "Rosinenlesen" ausartet, um an die überraschend markanten therapeutischen Inhalte heranzukommen, es sei denn man liest gründlich und mehrfach.

S.H.