D. Wendling

Traditionelle Chinesische Akupunktur bei orthopädischen Erkrankungen

Hippokrates 1999, Reihe: Anwenden und Auswählen, 280 Seiten DM 99,--

Das Buch teilt sich gleichgewichtig in einen theoretischen und einen praktischen Abschnitt. In seinem theoretischen Teil führt der Autor kurz und verständlich in die Grundlagen der TCM ein. Er nimmt den Leser an die Hand und manövriert ihn mit einer geschickten Strukturierung des Buches (Zang-Fu - Die Organe in der TCM, Schichten und Leitbahnen) sicher durch ein komplexes Gebiet der chinesischen Heilkunde.

Der praktische Teil ist in einige Schwerpunkte gegliedert, von denen zwei im folgenden hervorgehoben werden sollen. Im Rahmen des Kapitels "Regionale Störungen von Kopf und Bewegungsapparat" gibt der Autor Anregungen zu einer differenzierten Diagnostik und Therapie. Dabei macht er u.a. deutlich, welche Rückschlüsse sich durch Blockierungen der Wirbelsäule oder Verspannungen ligamentärer und muskulärer Verbindungen auf die Funktionstüchtigkeit der Leitbahnen ziehen lassen. Ein anderes Beispiel zeigt, wie eine Dysfunktion des Shaoyang langfristig zu einer Dauerkompression und damit leicht zu einer Schädigung des Hüftgelenks führen kann. Hier - wie auch an anderen Stellen - weist der Autor auf die Interdependenzen zwischen auftretenden Störungen hin. Ganzheitliche Betrachtung bleibt für ihn nicht nur eine Worthülse. Er scheut sich nicht, den Weg der TCM zu verlassen und, wo es ihm angebracht scheint, auch auf zusätzliche manualtherapeutische oder homöopathische Behandlungen bzw. weitere Therapiemöglichkeiten parallel zur Akupunktur hinzuweisen.

Das Kapitel "Beispiele aus der eigenen Praxis" ist in die verschiedenen Störungen von Kopf bis Fuß unterteilt. Einige Beispiele werden mit "Essenz-Mangel", "Nieren-Yin-Mangel" u.ä. betitelt, andere einfach "Kopfschmerz" oder "Schleudertrauma" zugeordnet. Immer wieder schlägt der Autor Brücken zwischen den traditionellen Formulierungen der chinesischen Medizin und "unserer" schulmedizinischen Terminologie. Anamnese, klinische Untersuchung und Befund werden nach westlichen Kriterien und unter Einsatz der modernen diagnostischen Möglichkeiten erstellt, die Beurteilung (z.B. kombinierte Milz- und Nieren-Yangschwäche) und Auswahl der Akupunkturpunkte erfolgt im Sinne der TCM. Auch hier strahlen Aufbau und Ausführung die Kompetenz des Autors aus. D. Wendling hat mit seinem Buch einen wichtigen Teilbereich der Akupunktur gut ausgeleuchtet. Seine Herangehensweise ist kritisch, an westlicher Medizin orientiert. Dabei verliert er den Blick für das Traditionelle nicht, vermeidet jedoch jede Glorifizierung.

Er setzt sich mit Widersprüchen der TCM (S. 55/S.103) sowie den Unzulänglichkeiten der westlichen Medizin auseinander (S. 244) und legt seine Erfahrungen dazu dar. Durch den zweispaltigen Druck läßt sich das Buch auch für den Vielleser gut durcharbeiten. Die Abbildungen weisen leider keine Numerierung auf und sind somit im Text nicht verankert. Dies sollte ebenso wie die uneinheitlichen Tabellenformate in der 2. Auflage korrigiert werden. Ansonsten ist das Buch uneingeschränkt empfehlenswert und dürfte nicht nur dem Newcomer hilfreiche Anregungen liefern.